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Geschichte der Friedrichshütte

 

"Geschichte"

Die Friedrichshütte besteht bereits seit über 300 Jahren. Vom frühen 17. Jahrhundert bis ins Jahr 1952 wurde hier Pech und Teer erschwelt, wodurch ihre Besitzer, die Pechbrennerfamilie Schlobach, einen nicht unbedeutenden Wohlstand erlangten. So kam es, dass sowohl die Kurfürsten Sachsens als auch der französiche Kaiser Napoleon in der Pechhütte zu Gast waren. Heute übernachten Sie in den Mauern des ehemaligen Pechherrenhauses in historischem Ambiente. Wandeln Sie bei uns auf den Spuren der Geschichte und entdecken Sie die Überreste eines alten Schwelofens sowie drei sehr gut erhaltene denkmalgeschützte Holzkohlemeiler hinterm Haus.

 

Viele Geschichten ranken sich um die jahrhundertealte Pechhütte Friedrichshütte und um die bedeutende Pechbrennerfamilie Schlobach, in deren Besitz sie über 250 Jahre gewesen ist. Eine große Anzahl Urkunden und Zeitzeugnisse geben uns heute Aufschluss darüber, wie die Pechherren lebten, welchen Rang sie in der Gesellschaft einnahmen und wie sich die Friedrichshütte, 1688 erstmals erwähnt, zur bedeutendsten verbliebenen ihrer Art in Deutschland entwickeln konnte.-

 

 

 

 

 


Die Friedrichshütte war die letzte in der Dübener Heide betriebene Pechhütte und hat im Verlauf der Geschichte größte Bedeutung erlangt. Viele wirtschaftliche Krisen konnte sie überstehen, bis sie schließlich 1952 als letzte Pechhütte im deutschen Raum stillgelegt wurde.
Doch blicken wir zurück zu den Anfängen der Friedrichshütte im frühen 17. Jahrhundert. Damals führten durch die Dübener Heide mehrere bedeutende Handelsstraßen, die sehr viel befahren waren. Dies hatte zur Folge, dass sich in der holzrohstoffreichen Heide das Gewerbe des Teerschwelens schon sehr früh entwickelte, denn man benötigte diesen Teer zur Herstellung der in großen Mengen benötigten Wagenschmiere. Und auch die Lage der Dübener Heide zwischen den Flüssen Elbe und Mulde trug zur Gründung von Schwelereien bei. Hierbei ist auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Gebietes sowie seine zentrale Lage zwischen größeren Städten mit entsprechendem Bedarf an Schwelprodukten von Bedeutung. So begann das Gewerbe zu blühen und die Pechherren erfreuten sich wachsenden Wohlstands und großer Beliebtheit. Das Betreiben von Teer- bzw. Pechhütten stellte für die Besitzer wie auch die Pächter tatsächlich bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts kaum ein Risiko dar. Bis zu dieser Zeit kann man davon ausgehen, dass der Großteil der Pechbrenner es zu einem nicht unbedeutenden Wohlstand bringen konnte. Nicht selten ließen Pechhüttenbesitzer ihren Kindern eine höhere Schulbildung angedeihen oder sie  sogar studieren. In der Regel wurden die Söhne jedoch ebenfalls Pechbrenner oder Müller und gründeten ein eigenes Unternehmen, während die Töchter in solche einheirateten.
Der erste für 1688 überlieferte Besitzer der Durchwehnaer Pechhütte, Georg Döring, war gleichzeitig Besitzer der Falkenberger Pechhütte. Anscheinend stellte letztere für ihn die wirtschaftliche Hauptgrundlage dar, denn er überließ die Durchwehnaer Pechhütte dem Ehemann seiner Tochter Anna, dem Pechbrenner Tobias Schlobach, als Mitgift. Zu diesem Zeitpunkt muss sich diese jedoch in einem katastrophalen Zustand befunden haben, wie man in der dazu ausgestellten Urkunde nachlesen kann. Dort heißt es zu der Pechhütte „...meine zu Durchwehna gehabte und gantz eingegangene Pechhütte (allermaßen daselbst nichts, als ein alte verfaultes Häuslein, ohne Tach, Decke und Ofen gestanden, wie auch ein alter ruinierter Brenofen dabey) samt dessen Zubehörungen, Rechte und Gerechtigkeiten...“. Auf 120 Gulden wurde zu dieser Zeit der Wert des Besitzes geschätzt. Es war nun an Schlobach, den Betrieb wieder aufzubauen, um sich und seiner Familie eine Existenzgrundlage zu schaffen. Er muss zweifellos ein bemerkenswerter Mann gewesen sein, denn obwohl er es als Zugewanderter und Eingeheirateter sicher schwer hatte, schaffte er es in kürzester Zeit, das Unternehmen zu neuer Blüte zu bringen und es gewinnbringend zu bewirtschaften. Da er nebenher zusätzlich Landwirtschaft betrieb, hatte er bald einen ansehnlichem Gewinn erwirtschaftet, sodass er schon 1702 in der Lage war, eine Schneidemühle zu erwerben und später zwei weitere Pechhütten dazu zu kaufen. Durch seinen Wohlstand brachte es Tobias Schlobach auch zu gesellschaftlicher Anerkennung. So war er seit dem Jahr 1706 unter den Kirchvätern von Söllichau aufgeführt. Seine Grabplatte sagt über ihn Folgendes aus: „Hier ruhet in Gottes Namen der Wohlehrbare Wohlgeachtete Meister Tobias Schlobach gewesener Pechbrenner auf der Durchwehnschen Pechhütte, welcher gebohrn anno 1657 den 12. April zu Friedersdorf, allwo sein Vater Meister Tobias Schlobach Pechbrenner und Kirchenvater gewesen. Die Mutter Frau Ursula gebohrene Zinkin geheißen, 1688 den 22. November hat er sich mit Jungfer Annen Döringin in den heiligen Ehestand begeben und darinnen gezeuget 9 Kinder als 7 Söhne und 2 Töchter, davon 2 Söhne und 1 Tochter gestorben, 6 aber noch am Leben. Anno 1729“.
Tobias Schlobach war jedoch nicht nur ein sehr erfolgreicher, sondern auch ein sehr gerissener Geschäftsmann. Dass seine Zeitgenossen nicht immer mit ihm und seinem Tun einverstanden waren, lässt sich heute an verschiedenen Beschwerden erkennen, die uns überliefert sind. So klagte nach einer Beschwerde von 1698 schließlich im Jahr 1700 der Dübener Brückengelderheber gegen Tobias Schlobach und verlangte unter anderem von ihm, er solle „wegen starken Handelns und Fahrens das völlige Brückengeld und Geleit erlegen oder das Befugnis dozieren“. Der Pechbrenner antwortete mit einem weitschweifigen Schreiben, in dem er zahlreiche Gründe anführte, weshalb er dieses Brückengeld nicht zu entrichten hätte. Seine klagenden Worte, seine „Notdurft“, wurde jedoch von der Behörde abgewiesen.
Die nächste Klage gegen Tobias Schlobach und den Krinaer Pechbrenner kam von der Dübener Braukommune, die von den beiden Beklagten verlangten, ihren Bierausschank zu rechtfertigen. Schlobach verteidigte sich mit der Ausrede, dass er nur Bier verschenkt habe, wenn Holzmark oder Jagd gewesen sei und dass er allein für seine Pechknechte etwas zum Tischtrunk schrote. Eine weitere Auseinandersetzung, diesmal mit dem Wildmeister, ging wieder zugunsten Schlobachs aus. Er verstand es also, seinen Kopf immer wieder aus der Schlinge zu ziehen und erzielte darüber hinaus durch seinen Fleiß, seine Geschicklichkeit und nicht zuletzt durch seine Fähigkeiten als Geschäftsmann, in seinem Unternehmen überdurchschnittliche Erfolge.
Von den fünf verbliebenen Söhnen Schlobachs erhielt Christoph, der zweitälteste Sohn (geb.1697) die Durchwehnaer Pechhütte als Erbe. Offenbar  mit einem ebenso guten Geschäftssinn ausgestattet, führte er das Unternehmen im Sinne seines Vaters sehr erfolgreich fort. Bald erwarb er anderen Ortes eine Glashütte und das Beilichsche Gut in Söllichau, wodurch er dort auch Richter wurde. Auch er mehrte also seinen Wohlstand im Laufe seines Lebens und stiftete sogar der Durchwehnaer Kirche ein Orchestrion, das heute zwar nicht mehr existiert, das jedoch Schlobachs Beliebtheit gesteigert haben mag. Dies war offenbar auch dringend von Nöten, denn auch Christoph war in seiner Eigenschaft als cleverer Geschäftsmann nicht bei jedermann beliebt, zumal er sich wie sein Vater manches Mal etwas unlauterer Mittel und kleiner Hintertürchen bedient haben mag. All das konnte jedoch seinem Ansehen kaum Abbruch tun, sodass sogar der sächsische Kurfürst August III. mehrmals in der Durchwehnaer Pechhütte zu Gast war. Und auch Napoleon sollte 1813 kurz vor der Völkerschlacht bei Leipzig die Friedrichshütte besuchen – allerdings aus einem eher pragmatischen Grund: Er wollte vom gegenüberliegenden Hügel aus die Tauglichkeit der Umgebung als Schlachtgelände überprüfen.
1741 schenkte Christoph Schlobachs Frau Johanna Charlotte ihrem Mann seinen Sohn Christoph Friedrich, der nach dem Tode des Vaters dessen gesamten Besitz erbte. Auch an ihm ging offenbar das Schlobachsche Erbe nicht spurlos vorbei, denn wie sein Vater und Großvater kam auch Christoph Friedrich Schlobach einige Male mit dem Gesetz, genauer gesagt, mit dem Förster, in Konflikt. Da für Pechhüttenbesitzer als auch für Förster der Wald die Haupterwerbsquelle darstellte, waren sie sich meist feindselig gesinnt. Und so kam 1789 auch Christoph Friedrich Schlobach mehrmals wegen Forstvergehens zur Anzeige und auch gegen Durchwehnaer Pechknechte wurde  Beschwerde eingelegt. Mit solcherlei Kleinigkeiten wurde also den Durchwehnaer Pechherren zu jeder Zeit das Leben schwer gemacht. Die Schlobachs verstanden es zwar immer, mit viel Geschick ihren Besitz zu mehren, doch sie schafften sich durch nicht immer ganz legale Mittel auch Feinde. So platzten um das Jahr 1794 überaus häufig die Öfen in der Durchwehnaer Pechhütte. Dies konnten sich die Pechbrenner nur dadurch erklären, dass jemand aus Rache Pulver in die Öfen gegeben hatte. Im Verdacht hatte man verschiedene Personen, denen aber nichts Konkretes nachgewiesen werden konnte. Im Nachhinein stellte sich dann jedoch heraus, dass nicht alle Ofenzerstörungen auf Anschläge gegen Christoph Friedrich Schlobach zurückzuführen waren, sondern auf Konstruktionsfehlern beruhten.
Aus der ersten Ehe Christoph Friedrichs mit Johanna Elisabeth geb. Trebeljahr (1743-1767) entsprossen drei Söhne. Seine zweite Frau Johanna Sophie geb. Bachstein schenkte ihm weitere 4 Söhne und 4 Töchter. Sein 3. Sohn Johann Carl erbte nach Christoph Friedrichs Tod 1800 die Durchwehnaer Pechhütte. Ihm standen schwere Zeiten bevor. So wurde die Pechhütte am 20. Dezember 1806 von französischen Truppen geplündert, wodurch die Schlobachs schwere Verluste zu erleiden hatten. Um den Betrieb zu erhalten, musste Johann Carl sogar einen Kredit aufnehmen. Auch in der folgenden Zeit schienen die Schlobachs buchstäblich vom Pech verfolgt zu sein: Die erste Plünderung, sowie eine zweite in den nachfolgenden Jahren brachte den Pechbrennern in Durchwehna einen schweren wirtschaftlichen Rückschlag, von dem sie sich lange Zeit nicht erholten.
1831 starb Johann Carl und sein 3. Sohn Friedrich (geb.1801) gelangte in den Besitz der Durchwehnaer Pechhütte. Mit ihm brachen wieder bessere Zeiten an. Er war ein vielseitiger Mann mit großer Tatkraft und mit Durchsetzungsvermögen, der sich große Verdienste um die Entwicklung der Pechindustrie erwarb. Er machte 1835 eine bahnbrechende Erfindung, die das Bestehen der Pechhütte Durchwehna bis 1952 sichern sollte. Er erfand ein revolutionierendes Destillationsverfahren für die bis dahin ungenutzt verstreichenden Dämpfe der Schwelöfen und ihrer Nachfolgeeinrichtungen, wodurch ein bedeutender Mehr-Ertrag erzielt werden konnte. Durch diese Erfindung, seine außerordentliche Geschäftstüchtigkeit und die Einführung weiterer Neuerungen konnte Friedrich Schlobach die Durchwehnaer Pechhütte wieder zu einem Unternehmen mit hoher Rentabilität ausbauen. So betrieb er neben der Pechhütte einen umfangreichen Holzhandel, Fischzucht und errichtete eine Töpferei und zwei Ziegeleien. Auch die Landwirtschaft baute er wieder bedeutend aus und renovierte die Gebäude der Pechhütte.
So erfolgreich Friedrich Schlobach gewesen war, so unerwartet kam auch sein plötzlicher Tod im Jahre 1851 durch eine Blutvergiftung. Die Zukunft der Friedrichshütte lag nun in den Händen seiner Witwe Henriette Wilhelmine Schlobach. Mit der Hilfe ihres Neffen, später verschiedener Werkführer und Verwalter, gelang es ihr auch, das Unternehmen bis zu ihrem Tod 1887 erfolgreich weiter zu führen. Danach wurde die Durchwehnaer Pechhütte gemeinsames Eigentum der 3 Kinder, Friedrich Oscar, Pauline Elise und Carl Friedrich. Da die beiden Söhne jedoch bereits anderen Ortes eigene Pechhütten besaßen, ging der Betrieb 1892 auf den Sohn der inzwischen verheirateten Pauline Elise über – Georg Moebes. Auf seine Initiative hin wurde die Durchwehnaer Pechhütte, oft als „Holzverkohlungs-Kientheerschwelerei-Etablissment“ bezeichnet, in „Friedrichshütte“ umbenannt. Anlass hierfür war der bevorstehende 100. Geburtstag seines verstorbenen Großvaters Friedrich Schlobach, der den Betrieb zu dem gemacht hatte, was er damals war. Doch die „goldenen Zeiten“ der Pechhütte waren zu diesem Zeitpunkt bereits vorüber. Georg Moebes gelang es nicht, den Niedergang der Friedrichshütte aufzuhalten, der aus der allgemeinen schlechten wirtschaftlichen Entwicklung dieser Branche resultierte. So wurde ab dem Winter 1917 das Unternehmen nur noch mit einem kleinen Schwelofen fortgeführt, der bis heute existiert. Trotz aller Schwierigkeiten konnte der Betrieb jedoch noch bestehen bleiben, da Georg Moebes sich auf die Herstellung hochwertigen Pechs für die optische Industrie spezialisierte.
Nach dem Tode Georgs führte sein einziges Kind Ursula das Unternehmen weiter. Sie versuchte, sich den neuen Marktanforderungen nach 1945 zu stellen und konnte durch das Köhlern die Friedrichhütte weitere 5 Jahre erhalten. Doch 1950 wurde auch dieser kleine Betrieb mit maximal sechs Beschäftigten und einer wenig ertragreichen Landwirtschaft enteignet und unter staatlicher Aufsicht noch zwei Jahre weiter geführt. Als letzter Betrieb seiner Art in Deutschland wurde er dann wegen „Unrentabilität“ stillgelegt.
Heute jedoch finden wir hier im einstigen Pechherrenhaus ein freundliches Gasthaus mitten im Wald vor, das durch Charme und Natürlichkeit besticht. Die noch erhaltenen Retorten zum Holzkohlemeilern, die Gebäude, sowie ein alter Schwelofen erinnern uns an längst vergangene Zeiten und lassen den Besucher eintauchen in die Welt, in der die Pechherren und auch die Pechknechte einst lebten. Die Vergangenheit scheint zum Greifen nah zu sein und doch ist auch hier die Zeit nicht stehen geblieben.

 

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